Die Konkurrenz zieht davon, die Medaillen schwinden - und
Boris Becker und Fabian Hambüchen sorgen sich um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Spitzensportler. Die beiden Olympiasieger wünschen sich kurz vor der Eröffnung der Sommerspiele in Paris ein Umdenken in der Gesellschaft.
"Es bedarf einer gewissen Leistungsbereitschaft, die von allen Seiten
gewollt ist, um diese fünf bis zehn Prozent extra herauszukitzeln. Das
ist bei uns momentan leider nicht der Fall", sagte Tennislegende Becker
in seiner Funktion als Eurosport-Experte am Montag und sprach von einem
"Problem der Gesellschaft": "Wir wollen immer die Besten sein, sind aber
nicht bereit, alles dafür zu tun."
Der Medaillenspiegel bei
Olympia, sagte Becker, der 1992 im Doppel Gold geholt hatte, "lügt
nicht". Bei den Spielen von Tokio 2021 hatte die deutsche Mannschaft mit
zehn Goldmedaillen das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung
erzielt. "Das sind Fakten, das sind nackte Zahlen. Ich hoffe, ich irre
mich und wir erleben hervorragende Spiele in Paris, aber wir müssen echt
auf die Zähne beißen", sagte Becker.
"Bei der Leichtathletik-WM
in Ungarn gab es nicht eine Medaille für Deutschland. Muss ich noch mehr
dazu sagen?", fragte Becker, der sich anschließend auch auf seinen
eigenen Sport bezog: "Die Jugendlichen sagen immer: 'Wir wollen
Wimbledon gewinnen'. Aber wenn man sie dann beim Training härter
rannimmt, beschweren sich die Eltern." Der ehemalige Wimbledonsieger war
im deutschen Tennis viele Jahre lang unter anderem für die
Nachwuchsförderung verantwortlich.
Sein Eurosport-Kollege Fabian Hambüchen schlug in dieselbe Kerbe.
"Der Leistungsgedanke war früher einfach größer. Ich glaube, in der
ganzen Welt ist die Leistungsbereitschaft für einen Sieg momentan höher
als bei uns", sagte der Reck-Olympiasieger von 2016 und übte Kritik am
System: "Wenn man die Bundesjugendspiele sieht, da soll die Bewertung
abgeschafft werden. Was ist das für ein Zeichen?"
Junge
Sportlerinnen und Sportler würden ein Stück weit "verweichlicht", sagte
Hambüchen: "Und ich glaube, das ist einer der Gründe, warum der Trend so
ist, wie er ist."