Die
US Open abgehakt, den
Laver Cup vor Augen: Nach dem bitteren Viertelfinal-Aus in Flushing
Meadows ist Alexander Zverevs Blick längst wieder nach vorne gerichtet.
Mit dem "Team Europe" fordert der Weltranglistenzweite am Wochenende in
Berlin beim prestigeträchtigen Turnier das "Team World" heraus. Vor dem
Auftakt gibt sein Bruder Mischa Zverev exklusive Einblicke im Interview.
Für
Alexander Zverev ist es ein Heimspiel: Ort des Showdowns ist Berlin,
der gebürtige Hamburger darf sich bei seinen Auftritten also der
lautstarken Unterstützung des Publikums gewiss sein. Neben
Zverev, seit knapp zwei Wochen wieder die Nummer zwei der Welt, kann
das "Team Europe" auf French-Open- und Wimbledon-Sieger
Carlos Alcaraz (Spanien) setzen. Auch
Daniil Medvedev (Russland), Casper Ruud (Norwegen), Grigor Dimitrov (Bulgarien) und Stefanos Tsitsipas (Griechenland) stehen im Kader von Teamkapitän Björn Borg. Nach zuletzt zwei Niederlagen im Laver Cup möchten die Europäer in Berlin (20. bis 22. September live und on-demand bei discovery+) endlich wieder triumphieren - und gehen durchaus favorisiert ins Duell mit "Team World" um Kapitän John McEnroe.
Die Vorfreude auf das "Klassentreffen" ist bei Zverev groß, wie sein Bruder Mischa im exklusiven Interview
berichtet. Zudem spricht der Bruder der deutschen Nummer eins über
dessen Verhältnis zu Daniil Medvedev, ordnet das Viertelfinal-Aus bei
den US Open ein - und reagiert auf die jüngsten Aussagen von Roger
Federer.
Mit
dem Laver Cup steht sozusagen das jährliche Klassentreffen der
Superstars im Tennis vor der Tür. Mit welcher Vorfreude und welchen
Erwartungen reist Alexander Zverev nach Berlin?
Mischa Zverev:
"Für die Spieler ist es immer ein besonderes Event, weil es natürlich
mit Ehrgeiz verbunden ist. Jeder möchte für sein Team gewinnen. Aber auf
der anderen Seite ist es auch wie eine Klassenfahrt. Man hat Spaß
gemeinsam in der Mannschaft, die Spieler verstehen sich alle gut. Man
macht Sachen, die man sonst vielleicht nicht machen würde. Vor Jahren
geht man zum Abendessen mit Roger (Federer, d. Red.), mit Rafa (Nadal, d. Red.)
und hat einen gemütlichen Abend. Das hat man sonst bei einem normalen
Turnier nicht - auf gar keinen Fall bei einem Grand Slam. Hier ist es
wirklich ein bisschen wie Klassenfahrt mit den sonstigen Kontrahenten,
die in dieser einen Woche Teamspieler sind. Ich glaube, Sascha
(Alexanders Spitzname, d. Red.) freut sich sehr. Es macht immer viel Spaß."
Inwiefern ist es eine Ehre und Wertschätzung für einen Spieler, Teil des "Teams Europe" zu sein?
Mischa Zverev:
"Das muss man die Spieler fragen. Aber ich glaube, die schätzen es alle
sehr. Es ist ein besonderes Event und passiert einmal im Jahr. Bis jetzt
waren all die Events in verschiedenen Orten und Städten immer ein
Highlight. Europa gewann ein paar Mal in Folge - und die letzten paar
Male, als Sascha nicht gespielt hat, hat Europe nicht gewonnen. Deswegen
hoffen wir, dass er dieses Mal wieder für den Sieg sorgen kann"
Man
hört und liest immer wieder, dass Daniil Medvedev und Alexander nicht
"Best Buddies" seien. Inwieweit kann so ein Team-Event helfen, alte
Gräben zuzuschütten?
Mischa Zverev:
" Ich glaube nicht, dass beide Stress miteinander haben. Sie haben bei
den vergangenen Turnieren immer gemeinsam trainiert, mindestens einmal
vor jedem Turnier. Sie verstehen sich völlig okay. Ich glaube, auch da
wird es für die beiden eine ganz normale Woche werden, wo sie sich gut
verstehen können. Und wenn es zum Doppel kommt, werden sie auch locker
miteinander spielen."
Wir wissen, was zu tun ist
Wie lange hat Sascha gebraucht, die Viertelfinalniederlage bei den US Open gegen Taylor Fritz zu verarbeiten? Und welche Lehren haben er und das gesamte Team Zverev daraus gezogen?
Mischa Zverev: "Richtig lange hat es nicht
gedauert, es ging eigentlich ganz okay. Und Lehren: Da kann man jetzt
vieles draus ziehen und vieles sagen, aber eigentlich ist es irrelevant.
Wir wissen, was zu tun ist. Sascha weiß es, die Mannschaft weiß es.
Bisher sind alle auf dem richtigen und guten Weg, da ist auf gar keinen
Fall irgendwie Panik oder sonst etwas vorhanden. Alles ist im Lot."
Roger Federer hat deinem Bruder eine offensivere Spielweise ans Herz gelegt.
Er hat gesagt, Sascha sei ein Spieler, der "viel zu passiv und defensiv
spielt, wenn es drauf ankommt. Sascha muss sich daran erinnern, dass er
nicht zu passiv sein darf. Dann kann etwas wirklich Großes passieren.
Er muss daran glauben." Wie reflektiert ihr als Familie und Sascha im
Speziellen diese Art von Kritik? Mischa Zverev:
"Das ist keine Kritik. Roger wurde etwas gefragt, er hat offen und
ehrlich geantwortet. Er versteht das Spiel, das ist ganz klar. Er kennt
sich mit Tennis aus. Sascha versteht auch das Spiel, kennt sich auch mit
Tennis aus. Der Weg nach oben ist ein Prozess. Sascha ist momentan die Nummer zwei der Welt. Es
gibt viele Menschen, also nicht Roger, sondern allgemein, die permanent
irgendetwas sagen oder schreiben. Dabei darf man nicht vergessen: Er
ist die Nummer zwei, und er kann genauso die Nummer eins werden. Das,
was er macht, macht er ganz gut. Klar hat Roger recht, genauso wie viele
andere, dass es Situationen gibt, in denen man anders spielen oder
agieren kann. Aber wenn man zurückblickend schaut, dann kennt jeder
Spieler über sich oder über jemand anderes etwas, was man hätte besser
machen können - egal, ob man gewinnt oder verliert."
Becker ist kein Thema bis jetzt
Auch Boris Becker hat in der
Vergangenheit mehrfach die Schwachstellen von Sascha angesprochen. Viele
Fans in Deutschland stellen sich die Frage, ob eine Zusammenarbeit des
aktuell besten deutschen Spielers mit der Tennis-Legende bei Grand Slams
nicht zu fruchtbaren Ergebnissen führen könnte. Ist das ein Thema bei
Euch im Team Zverev?
Mischa Zverev: "Nein, es ist kein Thema bis jetzt. In die Zukunft schauen kann keiner. Wie gesagt, Sascha ist die Nummer zwei, hätte dieses Jahr die French Open gewinnen können. In Australien war er im Halbfinale. In Wimbledon hat er auch gut gespielt, bis er sich verletzt hat. Er spielt gut und ist auf dem richtigen Weg. Es läuft."