Die Saison 2025 verläuft für
Elena Rybakina bislang nicht ganz auf dem Niveau, das Fans und Expertinnen von der Wimbledon-Siegerin von 2022 erwarten. Zwar gewann die Kasachin den Titel in Straßburg, erreichte mehrere Halbfinals und zählt zu den Favoritinnen beim WTA-1000-Turnier in Kanada – doch ihr Platz außerhalb der Top 10 ist ein ungewohntes Bild in einer Karriere, die von Konstanz und Klasse geprägt war.
An ihrer Seite steht seit Februar 2025 der ehemalige italienische Profi Davide Sanguinetti. Für den früheren Herrenspieler markiert dieses Engagement einen Richtungswechsel, der neue Impulse, aber auch Lernprozesse mit sich bringt.
„Sie hat das Potenzial für die Nummer eins“
Im Gespräch mit Supertennis schilderte Sanguinetti seinen Übergang vom Spieler zum Coach und die Besonderheiten der Arbeit im Damentennis. „Natürlich gibt es Unterschiede“, räumte er ein. „Ich würde sagen, dass man bei den Mädchen ein bisschen sensibler sein muss, man braucht eine andere Herangehensweise, um zu kommunizieren und Dinge anzusprechen. In meinem Fall bin ich immer noch neu, lerne und passe mich mit jedem Turnier an.“
Bei seinem Einstieg ins Team der Kasachin schlug Sanguinetti einen klaren Zweijahresplan vor. „Im ersten Jahr möchte ich den Status quo beibehalten, vielleicht einen Platz unter den ersten sechs in der Rangliste erreichen und sie dann zur Nummer eins der Rangliste machen. Sie hat das Potenzial dazu.“ Diese Zielsetzung unterstreicht den strukturierten, aber ambitionierten Ansatz des Italieners: stabilisieren, aufbauen und angreifen.
Rybakina, eine der gefährlichsten Aufschlägerinnen der Tour, ist auf einem guten Weg. In Montreal steht sie bereits im Halbfinale. Ihr jüngster Sieg gegen Marta Kostyuk – 6:2, 2:1, bevor die Ukrainerin verletzt aufgeben musste – war souverän, auch wenn das Ende abrupt kam. Im Kampf um den Finaleinzug trifft sie auf die junge Kanadierin Victoria Mboko, die sich mit einem Erfolg über Jessica Bouzas Maneiro ins Rampenlicht spielte.
Sanguinetti: Kreativer Kopf mit einem Herz für Italien
Dass Rybakina auf einen kreativen Kopf setzt, zeigt sich nicht nur in seiner strategischen Arbeit, sondern auch im persönlichen Stil. In Interviews wird Sanguinetti oft auf den Boom im italienischen Tennis angesprochen – und nutzt die Gelegenheit gerne für ein paar originelle Vergleiche. „Im Moment fragt mich jeder, was italienische Tennisspieler essen, und ich antworte immer: Zauberbrot!“, scherzte er.
Er beschrieb die aktuelle Generation mit farbenfrohen Bildern: Jannik Sinner als „Kriegsmaschine“, Lorenzo Musetti als „Van Gogh“, Flavio Cobolli als „Billy the Kid“, Luciano Darderi als „The Thing“ und Matteo Arnaldi als „Mr. Fantastic“. Selbst Matteo Berrettini fand trotz Formschwäche seinen Platz in der Aufzählung.
Diese spielerische Herangehensweise spiegelt seine kreative Trainerpersönlichkeit wider – und lässt erahnen, mit welchem Gespür Sanguinetti auch seine Arbeit mit Rybakina gestaltet. Die Konkurrenz auf der WTA-Tour ist groß, doch mit einem Coach, der sowohl Struktur als auch Fantasie mitbringt, stehen die Chancen gut, dass Rybakina bald wieder ganz oben mitspielt.