Das italienische Team für die
Davis Cup Finals wird massiv ausgedünnt, denn
Lorenzo Musetti ist der jüngste Profi, der seine Saison nach den ATP Finals nicht verlängern wird – Teil einer größeren Debatte über die Platzierung des prestigeträchtigen Wettbewerbs im prall gefüllten Tenniskalender.
Jannik Sinner hatte bereits vor Monaten bestätigt, dass er nicht antreten werde, um nach einer enorm intensiven Saison regenerieren zu können. Das stieß in Teilen der Tenniswelt auf Kritik, zumal er wie Musetti in dieser Woche in Turin spielt, jedoch nicht im Anschluss nach Bologna reist.
Kein Wunschszenario
Bei den vergangenen beiden Ausgaben, als Italien den Titel holte, war die Nummer eins der Welt noch dabei. In diesem Jahr setzt er aus – sehr zum Missfallen italienischer Tennislegenden, allen voran Nicola Pietrangeli. Vergangene Woche erläuterte er beim ATP Finals seine Gründe.
„Ich bin stolz, Italiener zu sein, und glücklich, in diesem Land geboren zu sein und nicht in Österreich oder anderswo. Das sage ich voller Aufrichtigkeit. Dieses Land verdient mehr, als ich leiste. Wir haben Tennis-Infrastruktur, qualifizierte Trainer, großartige Spieler und einen sehr ausgeprägten Wettbewerbsgeist“, sagte er vergangene Woche zu Punto de Break. „Wir haben das Glück, Regionen mit eigener Identität zu besitzen. Wir müssen zusammenstehen, einander wertschätzen und stolz darauf sein, Teil eines gemeinsamen Projekts zu sein – Italien. Am Saisonende braucht man Zeit, um all den aufgebauten Druck, die erlebten Emotionen sowie die körperliche und mentale Erschöpfung durch den Wettkampf, die sehr hoch ist, abzubauen – all das erfordert Zeit, um sich zu erholen und wieder in Form zu kommen.“
„Wenn man auf eine zusätzliche Vorbereitungswoche zählen kann, hat man auch eine zusätzliche Woche zur Erholung und startet deutlich motivierter in die Vorbereitung – mit Energie und der Lust, zum Tennis zurückzukehren. Ich spiele fast jeden Tag meines Lebens Tennis, und es gibt Momente, in denen ich keine Lust habe. Wenn ich meinen Urlaub vorziehen und die Vorbereitung früher beginnen kann, lässt sich die Trainingsbelastung schrittweise steuern – entscheidend, um Verletzungen zu vermeiden. Ich zweifle nicht daran, dass ich in diesem Jahr die richtige Entscheidung getroffen habe.“
Nun fällt auch Musetti aus. Er verlor gestern in der Gruppenphase mit 4:6, 1:6 gegen Carlos Alcaraz, womit seine Hoffnungen auf die K.-o.-Runde endeten – und die Saison für den Italiener wohl ebenfalls. Hinter seinem Davis-Cup-Verzicht könnte aber mehr stecken: Seine Partnerin erwartet in Kürze ein Kind, er dürfte in dieser Phase an ihrer Seite sein wollen. Zudem war die Qualifikation für Turin für Musetti ein kräftezehrender Prozess – anders als bei einigen anderen, deren Teilnahme bereits vor Wochen feststand.
Dem Nationalstolz wird das kaum gefallen, doch das Team besteht nun aus Cobolli, Sonego, Berrettini, Bolelli und Vavassori. Für ein Land, das so viel in die Ausrichtung investiert, ist das wohl nicht das Wunschszenario. Gleichwohl bleibt die Hoffnung, auch ohne Sinner und Musetti um den Titel mitspielen zu können.