Jannik Sinners Rückzug sorgt für Wirbel

ATP
Freitag, 24 Oktober 2025 um 15:43
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Die Entscheidung des vierfachen Grand-Slam-Siegers Jannik Sinner, auf die Teilnahme an Italiens Davis-Cup-Mission zu verzichten, hat in seiner Heimat heftige Reaktionen ausgelöst. Der 23-Jährige, der die Siege 2022 und 2023 maßgeblich geprägt hatte, begründete seinen Rückzug mit dem Wunsch nach zusätzlicher Vorbereitungszeit für die Australian Open im Januar. Sein Satz „Ich brauche eine Woche mehr Ruhe“ klang für viele wie ein Affront gegen die nationale Tennisleidenschaft.

Kritik aus allen Richtungen

Die Entscheidung traf besonders hart, weil Sinner Italiens Erfolgsgeschichte im Davis Cup neu belebt hatte. Altmeister Nicola Pietrangeli nannte seinen Verzicht „einen Schlag ins Gesicht des italienischen Sports“. Auch TV-Veteran Bruno Vespa stellte spöttisch Sinners italienische Identität infrage: „Er spricht Deutsch, lebt in Monte Carlo und spielt nicht für Italien.“ Diese Kritik wirkt überzogen, zumal auch andere Stars wie Federer oder Alcaraz ihre Davis-Cup-Teilnahmen regelmäßig pausierten. Dennoch trifft sie in Italien einen Nerv – Patriotismus ist dort eng mit Sport verknüpft.
Sinners Erklärung wirkte kühl und distanziert. Kein Wort des Bedauerns, kein Wunsch nach Erfolg für die Mannschaft. Dabei spricht vieles gegen seine Begründung: In den vergangenen beiden Jahren hatte er trotz des Davis Cups in Melbourne triumphiert. Zudem findet das diesjährige Finale in Bologna statt, zwei Tage nach dem ATP-Finale in Turin – ohne großen Reiseaufwand. Für viele Beobachter wirkt der Rückzug daher weniger wie eine strategische Entscheidung als wie ein unzeitgemäßer Rückzug eines Spielers, der sich dem Druck entziehen will.

Das schwindende Prestige des Davis Cups

Seit der Reform 2019 hat der Davis Cup an Glanz verloren. Die kompakte Endrunde an einem Ort hat zwar das Ziel, mehr Stars anzulocken, doch die Realität sieht anders aus. Fehlende Heimspiele, neutrale Atmosphäre, kaum Emotionen – der Wettbewerb kämpft um seine Identität. Dass Italiens größter Tennisstar nun ausgerechnet vor heimischem Publikum fehlt, ist ein herber Rückschlag für das Turnier.
Besonders irritierend: Nur kurz vor seiner Absage flog Sinner zu einer lukrativen Exhibition nach Saudi-Arabien. Solche Entscheidungen lassen die Klagen über den dichten Spielplan unglaubwürdig erscheinen. Mit bislang 51 Saisonspielen hat Sinner zudem weniger Matches absolviert als seine Rivalen Alcaraz oder Zverev. Nach einer dreimonatigen Sperre zu Jahresbeginn wäre er körperlich eigentlich ausgeruht genug, um auch den Davis Cup zu spielen.

Fazit: Die falsche Entscheidung zur falschen Zeit

Der Davis Cup war einst gleich hinter den Grand Slams das wichtigste Ziel eines Tennisspielers. Heute wirkt er wie ein Relikt – auch weil Topspieler wie Sinner Prioritäten anders setzen. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack: Gerade in einem Jahr, in dem Italien als Gastgeber glänzen könnte, verzichtet der Mann, der die Nation zurück an die Weltspitze geführt hat. Wenn Italien den dritten Titel in Serie verpasst, dürfte die Frage bleiben, ob Sinner nicht doch besser gespielt hätte – statt auszuruhen.
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