Der renommierte Tennistrainer Patrick Mouratoglou ist überzeugt, dass Emma Raducanu jedes Mal, wenn sie den Platz betritt, enormem Druck ausgesetzt ist. Die 22-Jährige galt einst als das nächste große Talent im Damentennis, als sie 2021 mit nur 18 Jahren sensationell die US Open gewann.
Besonders beeindruckend war ihr Triumph, weil sie das Turnier als Qualifikantin begann und ohne Satzverlust bis zum Titel durchmarschierte. Im Finale setzte sie sich mit 6:4, 6:3 gegen die Kanadierin Leylah Fernandez durch und sorgte damit für einen der größten Überraschungserfolge der Tennisgeschichte.
Seitdem kämpft die in Toronto geborene Britin jedoch mit Konstanz und Verletzungsproblemen. Nach einer längeren Pause kehrte sie Ende 2023 auf die Tour zurück, hatte aber weiterhin mit Formschwankungen und körperlichen Herausforderungen zu kämpfen. Bei den Miami Open zeigte sie zuletzt eine starke Leistung, scheiterte jedoch im Viertelfinale an der Amerikanerin Jessica Pegula mit 6:4, 6:7, 6:2.
Mouratoglou, der derzeit mit der ehemaligen Weltranglistenersten Naomi Osaka arbeitet, äußerte sich in einem Interview mit Tennis 365 zur mentalen Belastung im Profitennis und nahm Raducanu als Beispiel für die Herausforderungen, mit denen junge Spielerinnen konfrontiert sind.
„Ein Champion ist immer ein Gesamtpaket – es geht um das Spiel und den Geist“, erklärte der 54-jährige Franzose. „Man kann das eine nicht vom anderen trennen. Tennisspieler sind keine Maschinen, sondern äußerst sensible Athleten. Viele haben großes Selbstvertrauen, weil sie wissen, dass sie herausragendes Tennis spielen können. Aber sobald sie ein paar Matches verlieren, beginnen sie an sich selbst zu zweifeln – insbesondere, wenn sie gegen bestimmte Gegner antreten.“
Mouratoglou betonte zudem, dass der Druck außerhalb des Platzes eine entscheidende Rolle spiele – insbesondere für Raducanu, die in Großbritannien unter enormer medialer Beobachtung steht.
„Wenn man in einem großen Tennismarkt wie Großbritannien spielt, geht eine Spielerin wie Emma jedes Mal ein Risiko ein, wenn sie auf den Platz geht“, so Mouratoglou. „Jede Niederlage wird analysiert, jedes Match wird öffentlich bewertet. Die Presse und die Öffentlichkeit haben hohe Erwartungen, und das kann belastend sein. Um in einem solchen Umfeld erfolgreich zu sein, braucht es enormes Selbstvertrauen. Wer nicht in der Lage ist, mit diesem Druck umzugehen, kann sein Potenzial auf dem Platz nicht abrufen.“
Raducanus Weg zurück an die Spitze bleibt damit nicht nur eine Frage der spielerischen Qualität, sondern auch der mentalen Stärke – ein Aspekt, der in der modernen Tenniswelt zunehmend entscheidend wird.