Die Reise geht weiter:
Angelique Kerber steht nach einem Krimi im Achtelfinale des olympischen Einzelturniers.
Nach
ihrem epischen olympischen Kampf rang Angelique Kerber auch noch mit
den Gefühlen - und blieb wie auf dem Platz nur knapp die Siegerin. "Es
sind so viele Emotionen, die gerade rauskommen", sagte Kerber nach der
Fortsetzung ihres Pariser Märchens und dankte mit Tränen in den Augen
ihrer Matchwinnerin - Töchterchen Liana: "Die Kleine ist immer dabei,
sie ist auch jetzt da. Und das hat mir den letzten Push gegeben, noch
einmal alles rauszuhauen."
Dank Liana-Push hatte die 36 Jahre alte
Kielerin kurz zuvor in der Mittagshitze von
Roland Garros die zweite
Rundes des olympischen Tennisturniers erreicht. Mit dem 6:4, 3:6, 6:4
gegen die Rumänin Jaqueline Cristian ist die frühere Weltranglistenerste
erneut dem drohenden Ende ihrer Einzelkarriere entflohen, das in den
2:16 Stunden in der "Löwengrube" des kleinen Court 14 drohte.
Nun gegen Fernandez
"Ich
habe in der ersten Runde eine Klassespielerin wie
Naomi Osaka
geschlagen, jetzt so ein enges Match gewonnen. Diese Emotionen kann mir
keiner nehmen", sagte Kerber, die nach den Sommerspielen ihre Karriere
beenden wird: "Ich weiß, dass ich mein letztes Match spielen werde. Ich
weiß nur noch nicht wann."
Zwei Tage nach dem beeindruckenden 7:5,
6:3 gegen die viermalige
Grand Slam-Siegerin Osaka sorgte Kerber mit
einer schieren Energieleistung dafür, dass dieses letzte Match noch
nicht jenes gegen Cristian war. Und sie nun die Chance hat, im
Achtelfinale gegen die die frühere US Open-Finalistin
Leylah Fernandez
(Kanada/Nr. 16) erneut ihr nicht letztes Match zu spielen.
"Ich
wollte heute mein Herz auf dem Platz lassen", sagte Kerber nach der
Wende im dritten Satz, in dem sie von den deutschen Fans nach vorne
gepeitscht wurde: "Die Atmosphäre hat vielleicht die entscheidenden
zwei, drei Prozent gebracht."
Eisbad statt Doppeleinsatz
Das
Match gegen Cristian, das war auch Kerber klar, würde ganz anders
werden als das gegen Osaka. Allein wegen der Umstände: Mittägliche Hitze
unter freiem Himmel statt abendlicher Kühle unter dem Hallendach, ein
halb besetzter 2200-Zuschauer-Nebenplatz statt der riesigen und gut
gefüllten 15.000-Plätze-Arena.
Und auch wegen der Gegnerin: Osaka hat vier Grand Slam-Titel
gewonnen, Cristian, Nummer 57 der Welt, zwei Grand Slam-Matches. Obwohl
die Rumänin derzeit wohl mindestens Osakas Niveau hat, war Kerber, die
nach ihrer Babypause lange Zeit weit von ihrer Glanzform entfernt war,
die Favoritin. Mit all ihrer Erfahrung ließ sich Kerber davon aber nicht
beeindrucken. Sie kämpfte sich durch, auch in den heikelsten
Situationen.
"Die hört doch jetzt nicht auf, dazu spielt sie viel
zu gut", hatte Olympiasieger
Alexander Zverev vor Kerbers Match gegen
Cristian gesagt. Doch Kerber wird aufhören: "Ich kämpfe jeden Tag mit
den Emotionen, und manchmal ist das echt taff. Aber die Entscheidung
steht."
Und im Doppel mit Laura Siegemund hat sie ja auch noch
große Olympia-Pläne. "Aber da muss ich zum Glück nicht heute ran", sagte
Kerber: "Jetzt freue ich mich stattdessen auf ein Eisbad."