Clara Tauson kämpfte nach ihrem Viertelfinalsieg bei den
Canadian Open am Dienstag mit den Tränen. In einem emotionalen On-Court-Interview erzählte die 22-jährige Dänin, dass ihr Großvater nur zwei Tage zuvor verstorben war. Zwar dominierte sie Madison Keys mit 6:1, 6:4, doch was nach dem letzten Punkt folgte, bewegte das Publikum in Montreal weit mehr.
Kurz nach dem Match sprach Tauson auf dem Centre Court offen über ihren persönlichen Verlust. "Ja, ich stehe immer noch unter Schock", begann sie mit zitternder Stimme und wischte sich Tränen aus den Augen. "Vor zwei Tagen ist mein Großvater leider verstorben. Deshalb wollte ich heute unbedingt für ihn gewinnen."
Die Zuschauer reagierten mit langem Applaus, als Tauson kurz innehielt, sichtlich bewegt.
"Nein, ich bin definitiv noch nicht fertig", fuhr sie fort. "Ich habe die Nachricht direkt nach meinem gestrigen Sieg gegen Iga erhalten. Und ja, ich wollte heute unbedingt mein bestes Tennis für ihn spielen. Hoffentlich schaut er zu."
Dieser Moment verlieh Tausons beeindruckender Woche zusätzliche Tiefe. Ohne großes Medieninteresse gestartet, sorgte sie mit jedem Match für Aufsehen. In Runde eins besiegte sie Lucia Bronzetti, danach Yuliia Starodubtseva und schließlich im Achtelfinale die Weltranglistendritte Iga Swiatek in zwei Sätzen.
All das geschah, während sie privat um ihren Großvater trauerte. In der Pressekonferenz erklärte sie, wie wichtig er für ihre Laufbahn war. "Er war ein großer Unterstützer meiner Karriere. Er hat mich ein wenig trainiert und mich fast täglich nach der Schule zum Training gefahren."
Den Anruf erhielt sie am Morgen nach dem Swiatek-Sieg. "Es war eine schwere Nachricht. Aber ich denke, es war besser so. Er fühlte sich schon länger nicht gut. Trotzdem ist es immer schwer."
Trotz der emotionalen Belastung blieb Tauson auf dem Platz erstaunlich fokussiert. Gegen Madison Keys dominierte sie mit sicherem Grundlinienspiel und viel Ruhe. Die US-Amerikanerin, frühere US-Open-Finalistin, fand keine Antwort auf Tausons Tempo.
Im Halbfinale am Donnerstag trifft Tauson nun auf Naomi Osaka. Das einzige bisherige Duell der beiden fand im Januar im Finale von Auckland statt, das Osaka verletzungsbedingt aufgeben musste.
Tausons aktueller Höhenflug bringt in Dänemark neue Diskussionen auf – tritt sie in die Fußstapfen von Caroline Wozniacki? Die Ex-Weltranglistenerste gewann 2018 die Australian Open und prägte den dänischen Tennissport wie keine andere. Tauson nimmt den Vergleich gelassen.
"Ich habe mich immer ein wenig davon abgegrenzt", sagte sie. "Natürlich war Caroline ein großer Einfluss. Aber wir haben sehr unterschiedliche Spielstile. Ich verspüre keinen Druck deswegen."
Sie fügte hinzu: "Wir hatten einige gute Junioren danach, aber es hat kaum jemand den Sprung geschafft."
Während Clara Tauson sich auf das Halbfinale gegen Osaka vorbereitet, geht es für sie um mehr als nur Punkte und Titel. Es geht um die Erinnerung an einen geliebten Menschen – und darum, mit Herz zu spielen, wenn Worte kaum noch reichen.