Alexander Zverevs Tennisschläger – Präzision trifft Power: Das Schläger-Setup der deutschen Nummer 1

ATP
durch Theo Stodiek
Samstag, 13 Dezember 2025 um 18:45
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Alexander Zverev gilt auf der ATP-Tour als einer der konstantesten Spieler – nicht nur, was seine Ergebnisse angeht, sondern auch bei der Wahl seines Equipments. Seit seinem Sprung auf die große Bühne vertritt die deutsche Nummer eins den Schlägerhersteller Head, doch hinter der auf Hochglanz polierten Oberfläche steckt seit Jahren eine kleine Täuschung.
Denn während Zverev öffentlich die Gravity-Serie des österreichischen Unternehmens repräsentiert, schlägt er tatsächlich mit einem anderen Modell: dem Head Speed YouTek MP (2009). Der Schläger, den Zverev bereits zu Juniorenzeiten spielte, begleitet ihn seit rund 16 Jahren – ein beinahe einzigartiger Wert in einer Ära ständig neuer Technologien und Anpassungen.

Ein Oldtimer mit moderner Wirkung

Nur die Lackierung verrät den Bezug zur aktuellen Gravity-Reihe, technisch nutzt Zverev ein völlig anderes Racket. Der Rahmen des Speed YouTek MP bietet genau jene Mischung aus Stabilität und Kontrolle, die der Hamburger bevorzugt. Mit einem bespannten Gewicht von rund 343 Gramm, einem Balancepunkt von 33 Zentimetern und einem Swingweight von 360 bewegt sich sein Setup auf dem Niveau von Novak Djokovic oder Rafael Nadal.
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Wir werfen einen genaueren Blick auf das Schläger-Setup des aktuellen Weltranglistendritten.
Über die Jahre hat Zverev weder an Gewicht noch an Balance geschraubt – sein Vertrauen in das bewährte Setup blieb unangetastet. Vielleicht auch, weil dieser Schläger perfekt zu seiner Spielweise passt: kraftvolle Grundlinienschläge mit hohem Spin, kombiniert mit präzisem Timing in der Defensive.

Der Versuch mit dem Gravity Tour

Im Oktober 2024 wagte Zverev dennoch einen Schritt ins Ungewisse. Beim ATP-500-Turnier in Wien testete er den Head Gravity Tour (2023) – ein Modell mit etwas steiferem Rahmen (22 mm) und dem Versprechen auf mehr Power. Ursprünglich war nur ein kurzer Test geplant, doch die sofortigen Erfolge überzeugten.
Zverev gewann noch im selben Herbst das Masters 1000 in Paris-Bercy und zeigte starke Leistungen bei den ATP Finals in Turin. Der Triumph in Paris war letztlich ausschlaggebend: Zverev entschied sich, die Saison 2025 mit dem neuen Schläger zu beginnen.
Sein Bruder Mischa erklärte später den Hintergrund: Ein steiferer Rahmen bringe mehr Power, während ein weicherer mehr Kontrolle ermögliche. In einer Zeit, in der die Bälle auf der Tour zunehmend langsamer geworden seien, suchte Alexander nach mehr Durchschlagskraft – und fand sie vorübergehend.

Rückkehr zum alten Modell

Doch die Euphorie hielt nicht lange. Mit Beginn der Sandplatzsaison 2025 und dem Fokus auf Roland Garros sollte der Gravity Tour endgültig unter Wettkampfbedingungen bestehen. Doch die Resultate blieben aus.
In Buenos Aires scheiterte Zverev im Viertelfinale an Francisco Cerúndolo, in Rio verlor er gegen Francisco Comesana – obwohl er im dritten Satz bereits 4:1 führte. Nach diesen Enttäuschungen zog der Olympiasieger von Tokio Konsequenzen: Der Test sei gescheitert, so Zverev, und er kehrte zu seinem vertrauten Speed YouTek MP zurück.
Seitdem wirkt sein Spiel wieder geschärfter, gerade auf Rückhand und Aufschlag entfaltet das vertraute Setup seine volle Wirkung. Der vermeintlich alte Rahmen bietet ihm jene Sicherheit, die für sein präzises Grundlinienspiel entscheidend ist.

Detailarbeit zwischen Kraft und Gefühl

Zverevs Perfektionismus zeigt sich nicht nur bei der Schlägerwahl, sondern auch in seiner Besaitung. Der 28-Jährige setzt auf ein Hybrid-Setup: Längssaiten aus Head Hawk Touch (Polyester, 1,25 mm) und Quersaiten aus Babolat VS Touch (Naturdarm, 1,30 mm). Diese Kombination liefert ihm ideale Balance aus Kontrolle, Spin, Komfort und Power.
Auffällig ist die drastische Reduktion der Besaitungsspannung über die letzten Jahre: 2021 spielte Zverev noch mit rund 23/22 Kilogramm, Mitte 2024 waren es etwa 20/21 – und 2025 schließlich nur noch 15,9 kg längs und 16,9 kg quer.
Diese Anpassung bringt spürbare Veränderungen mit sich: mehr Power, ein vergrößerter Sweetspot und ein stärkeres „Pocketing“, also das tiefergehende Einsinken des Balls in die Saiten. Der Nachteil liegt in der geringeren Präzision – Fehlschläge drohen leichter. Trotzdem verlässt sich Zverev auf diese Einstellung, wobei Unterschiede von 0,1 Kilogramm bereits relevant sein können.

Extreme Kombination mit klarer Wirkung

Das Zusammenspiel aus sehr hohem Swingweight und extrem niedriger Besaitungsspannung ist im Profitennis selten. Laut Mischa Zverev wirkt sich diese ungewöhnliche Balance vor allem in zwei Bereichen positiv aus: Der Aufschlag wird schneller, und in längeren Ballwechseln erzielt Alexander mehr Länge und Spin.
Was nach feiner Tüftelei klingt, ist in Wahrheit das Ergebnis jahrelanger Erfahrung. Zverev vertraut nicht auf Trends oder Marketing, sondern auf das Gefühl, das er in der Hand hat.
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