Ben Sheltons Mut und sein krachender Aufschlag ließen Turin erneut aufleuchten – doch diesmal entglitt ihm der Sieg. Der US‑Amerikaner unterlag bei den
ATP Finals in einem nervenaufreibenden Duell Felix Auger-Aliassime mit 4:6, 7:6(7), 7:5 – ein Ergebnis, das seine Halbfinalchancen auf ein Minimum reduziert.
Trotz der Niederlage zeigten Sheltons Energie und seine ehrliche Analyse eine wachsende Reife hinter seinem elektrisierenden Spiel.
„Ich habe alles gegeben, was ich hatte“, räumte Shelton nach dem Match ein. „Manchmal sind die Margen brutal. Ich war dran, hatte meine Chancen, aber alle Anerkennung für Felix – er hat in den entscheidenden Momenten sein Niveau angehoben.“
Über weite Strecken diktierte Sheltons explosiver Linkshänder-Aufschlag und seine furchtlose Vorhand das Geschehen. Er holte den ersten Satz und erarbeitete sich im zweiten Möglichkeiten, doch die Widerstandskraft seines Gegners – kombiniert mit ein paar unglücklichen Fehlern – drehte die Partie. Der 22-Jährige ließ sich dennoch nicht von der Enttäuschung bestimmen. „Das ist Tennis – ein, zwei Punkte können alles verändern. Du musst den Schlag hinnehmen und weitermachen“, sagte er.
Die Niederlage war seine zweite in der Gruppenphase und lässt nur noch einen komplizierten Weg ins Halbfinale. Shelton braucht nun Alexander Zverev, der sowohl Jannik Sinner als auch Auger-Aliassime schlägt, und muss selbst Sinner in zwei Sätzen bezwingen. „Ich weiß, was die Rechenbeispiele sagen, aber mein Fokus ist simpel – beim nächsten Match auftauchen und das Tennis spielen, das mich hierhergebracht hat“, betonte er.
Positiv bleiben trotz Frust
Selbst in der Niederlage spiegelte Sheltons Auftritt nach dem Match seine wachsende Selbstwahrnehmung wider. Der Amerikaner, der auf dem Platz oft mitreißend auftritt, sprach ruhig darüber, wie er bei seinem ATP-Finals-Debüt Erwartungen steuert. „Du darfst nicht zulassen, dass eine Niederlage deine Woche definiert. Hier ist jedes Match eine Lektion, und ich habe das Gefühl, ich lerne noch, was es braucht, um auf diesem Niveau zu gewinnen“, erklärte er.
Er räumte zudem ein, dass das Zuwarten auf die Chance zum Ausservieren ein Schlüsselbereich bleibt – eine Trennlinie zwischen der Tour-Elite und jenen, die noch Konstanz suchen. „Aus gutem Grund sind diese Jungs hier. Felix hat unter Druck großartig gespielt. Ich muss lernen, diese engen Momente besser zu meistern – das gehört zum Prozess“, sagte Shelton.
Blick auf Sinner und das große Ganze
Mit Blick nach vorn weiß Shelton, dass sein letztes Gruppenspiel gegen den Lokalmatador Jannik Sinner sowohl Herausforderung als auch Chance ist. Die Qualifikation wirkt unwahrscheinlich, dennoch will er stark abschließen. „Gegen einen wie Jannik vor seinem Publikum zu spielen – davon träumst du. Ich werde diese Atmosphäre genießen und so hart wie möglich konkurrieren“, sagte er.
Unabhängig davon, wie sein Debüt verläuft, sieht Shelton diese Woche als Baustein für die nächste Phase seiner Karriere. „Hier prüfst du dich, körperlich und mental. Diese Erfahrungen zahlen sich aus – auch die harten“, bilanzierte er.
Da es im Ranking zwischen Nr. 5 und Nr. 9 extrem eng ist, kann der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage im letzten Match erheblich sein. Sinner will seinen Lauf fortsetzen, um das Jahr als Nr. 1 zu beenden, während Shelton die Chance wahrt, das Jahr in den Top 5 und als amerikanische Nr. 1 zu beschließen – oder zumindest zu verhindern, dass Fritz weiter davonzieht und er in der ATP-Rangliste mit Blick auf 2026 an Boden verliert.