Justine Henin, siebenfache Grand-Slam-Siegerin im Einzel, prägte die 2000er Jahre mit einer Ära der Eleganz und Präzision. Die zierliche Belgierin mit der unverkennbar ästhetischen einhändigen Rückhand begegnete der wachsenden Kraft ihrer Gegnerinnen mit makelloser Technik, taktischer Intelligenz und außergewöhnlicher Kreativität.
Geboren am 1. Juni 1982 in Lüttich als Tochter von Jose Henin und Françoise Rosiere, verlor Justine ihre Mutter im Alter von nur zwölf Jahren – ein Schicksal, das sie früh prägte. In unmittelbarer Nähe eines Tennisclubs aufgewachsen, begann sie dort ihre ersten Schläge zu machen. Ihre Mutter nahm sie regelmäßig zu den French Open mit, wo Henins Traum begann. Nach dem Tod der Mutter traf sie 1995 ihren langjährigen Trainer
Carlos Rodriguez, der sie bis zum Karriereende begleitete. 1999 wurde Henin Profi und gewann noch im selben Jahr ihren ersten Titel bei den Belgian Open auf Sand.
Justine Henin: Der Aufstieg einer außergewöhnlichen Spielerin
2001 gewann Henin in Brisbane ihren zweiten Titel und erreichte ihr erstes Grand-Slam-Finale in Wimbledon, das sie in drei Sätzen gegen Venus Williams verlor. Sie beendete die Saison als Nummer acht der Welt – der Beginn einer siebenjährigen Top-Ten-Serie. 2002 folgten Titel in Berlin und Linz sowie das Halbfinale in Wimbledon.
Von 2003 bis 2007 dominierte Henin die Tour und gewann in dieser Zeit 33 ihrer 43 Karriere-Titel. Sie nutzte das Vakuum, das Serena Williams’ gesundheitliche und persönliche Rückschläge hinterließen, und etablierte sich als Maßstab im Damentennis – besonders auf Sand.
2003 gelang ihr der Durchbruch: Bei den French Open erfüllte sie sich den Kindheitstraum und schlug ihre Landsfrau Kim Clijsters im Finale klar. Später im Jahr gewann sie auch die US Open und wurde erstmals Nummer eins der Welt. 2004 begann mit einem weiteren Grand-Slam-Sieg bei den Australian Open, doch gesundheitliche Probleme verhinderten Konstanz. Trotz Rückschlägen krönte sie das Jahr mit olympischem Gold in Athen – das erste für Belgien im Tennis.
Rückschläge, Comebacks und Dominanz
Nach einer Knieverletzung kehrte Henin 2005 eindrucksvoll zurück und gewann erneut die French Open. In der Saison 2006 erreichte sie alle vier Grand-Slam-Finals, triumphierte in Paris und gewann ihren ersten Rasen-Titel in Eastbourne. Zwar unterlag sie Mauresmo in Wimbledon und Sharapova bei den US Open, beendete die Saison aber als Nummer eins der Welt und WTA-Finals-Siegerin.
2007 war Henins Glanzjahr: Zehn Titel, darunter Roland Garros, die US Open und die WTA Finals, machten sie zur dominierenden Kraft im Frauentennis. Mit einer Siegquote von 94 Prozent erreichte sie Werte, die zuletzt
Steffi Graf 1995 erzielt hatte.
Rücktritt, Comeback und endgültiger Abschied
Eine Serie von 32 Siegen endete 2008 bei den Australian Open, kurz bevor Henin überraschend ihren Rücktritt verkündete – als amtierende Nummer eins der Welt. Sie nannte Erschöpfung und den Verlust der Motivation als Gründe.
2010 kehrte sie inspiriert von Roger Federer zurück, erreichte als Wildcard-Spielerin das Finale der Australian Open und gewann Titel in Stuttgart und Rosmalen. Eine Verletzung in Wimbledon stoppte jedoch ihr Comeback. Nach anhaltenden Ellbogenproblemen beendete sie 2011 endgültig ihre Karriere. Mit 43 Titeln aus 61 Finals und sieben Grand-Slam-Trophäen bleibt Henin eine der erfolgreichsten Spielerinnen der Tennisgeschichte.
Stil, Persönlichkeit und Vermächtnis
Henins Spiel war geprägt von geschmeidiger Beinarbeit, technischer Finesse und einer Rückhand, die von John McEnroe als „die beste der Welt“ bezeichnet wurde – unabhängig vom Geschlecht. Martina Navratilova verglich ihre Eleganz und Offensive mit der von Roger Federer.
Ihr Privatleben war wechselvoll: 2002 heiratete sie Pierre-Yves Hardenne, von dem sie sich 2007 trennte. Später heiratete sie den Regisseur Benoit Bertuzzo, mit dem sie zwei Kinder hat.
Für ihre Leistungen erhielt Henin zahlreiche Auszeichnungen: 2008 den Laureus Award als Sportlerin des Jahres, viermal den Titel „Belgische Sportlerin des Jahres“ und zweimal die Auszeichnung „WTA-Spielerin des Jahres“. 2016 wurde sie in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen, 2023 mit dem ITF Philippe Chatrier Award geehrt.
Justine Henin bleibt eine der elegantesten und inspirierendsten Spielerinnen aller Zeiten – klein an Statur, aber von überragender Größe auf dem Platz. Keine andere Spielerin ihrer Größe hat je so viele Grand Slams gewonnen oder das moderne Damentennis mit solcher Anmut und Präzision geprägt.